Sonntag, 31. August 2014

Wahlzeit: Bestandsaufnahme - ausführliches Protokoll zu Potsdam

Nach langer Zeit wieder mal ein Posting... tut mir Leid, dass es so lange gedauert hat. Das hat im wesentlichen drei Gründe:


1) Ich habe zwischenzeitlich den Entschluss gefasst, zu emigrieren. Das bringt jede Menge Arbeit mit sich. Ich hatte schon einmal angedeutet, dass ich dies für die einzig konsequente Reaktion auf den Rundfunkbeitrag halte, sofern dieser durchgewunken wird. Das ist natürlich nicht der einzige Grund, aber wenn man in allen anderen Mitgliedstaaten der EU nach wie vor die Wahlfreiheit hat, welche Medien man finanziert, und man seine Tätigkeit ortsungebunden ausführen kann - wozu dann bleiben?

2) Die Klage behalte ich selbstverständlich bei und habe die ganze Zeit an der Begründung getüftelt. Auf die werde ich in der nächsten Woche nochmal in einem gesonderten Posting eingehen. Das wichtigste in Kürze: Ich habe den formellen Vorbehalt doch wieder eingebaut, nachdem die im April stattgefundene Verhandlung in Freiburg immer noch nicht zu einer Urteilsverkündung geführt hat. Man muss ihn anfänglich bringen, um zu einem späteren Zeitpunkt darauf zurückkommen zu können. Zu den materiellen Vorbehalten zählt bei mir Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 2 Abs. 1 GG (allgemein, informationelle Selbstbestimmung), Art. 3 Abs. 1 GG (Gleichheitssatz), Art. 4 Abs. 1 GG (Gewissensvorbehalt), Art. 5 Abs. 2 GG (Informationsfreiheit), EMRK Art. 10 Abs. 1 (Meinungsfreiheit).

3) Die Reaktion auf die seit etwa zwei Monaten stattfindende Pfändungswelle enttäuscht mich ziemlich. Ungefähr 95% der Betroffenen wenden ihre ganze Energie in dieser Frage dem Versuch zu, der Abgabepflicht auszuweichen oder sie zu verschieben. Ich habe es schon gesagt und sage es noch einmal: es gibt langfristig keine Alternative zum Rechtsweg. Das einzige, was man erreicht, wenn man einen Gerichtsvollzieher los wird oder sich aus seiner Wohnung abmeldet: man verschiebt die Pfändung ein bisschen und fügt seinem Konto weitere Säumnis- und Mahnkosten hinzu, und/oder man begeht zusätzlich zur Ordnungswidrigkeit, die Abgabe nicht zu zahlen, eine weitere, indem man sich nicht meldet. Durch den Meldedatenabgleich kommt der 'Beitragsservice' sowieso an diese Daten ran. Die Unwilligkeit, diese sattsam bekannten Tatsachen zu akzeptieren, finde ich erstaunlich, zumal man gelassener wird, wenn man sich einmal für den Klageweg entschieden hat.

Zwischenzeitlich habe ich von der von mir beklagten Rundfunkanstalt ein Schreiben bekommen, nach dem sowohl die Vollstreckung der Forderung als auch die Entscheidung über den von mir eingereichten 2. Widerspruch bis zum Abschluss des von mir angestrengten Verfahrens ausgesetzt werden. Es ist also schon so, wie ich von Anfang an dargestellt habe: Wer mit seinem Widerspruch gleichzeitig einen Antrag auf Aussetzung der Vollstreckung stellt, hat bis Abschluss des Verfahrens Ruhe. Das bedeutet natürlich nicht, dass die Forderung entfällt, und angesichts der bisherigen Urteile ist klar, dass man in der ersten Instanz unterliegen wird und nach Urteilsverkündung die Forderung zu begleichen hat - das 1,1fache des Streitwerts übrigens. Aber: Säumniszuschläge dürften die Anstalten für Forderungen, die nach Einreichen der Klage auflaufen, nicht veranschlagen, das wäre wiederum ein Klagegrund. Würden also wirklich Tausende Klage einreichen, dann würden sich die Zahlungsausfälle für die Rundfunkanstalten so bemerkbar machen, dass die Politik darauf mit einem Kompromissvorschlag reagieren dürfte. Aber man muss leider sagen, dass die Einschüchterungs- und Desinformationsversuche der Rundfunkanstalten gegenüber einer Öffentlichkeit, die sich der Tragweite dieses Grundrechtseingriffs nicht bewusst geworden ist, sehr gut funktionieren.


Dazu gehört natürlich auch die Sammelverhandlung vor dem Verwaltungsgericht Potsdam am 19. August. Ich habe die Gelegenheit genutzt, selbst an dieser teilzunehmen; obwohl dies verschiedentlich schon geschehen ist, möchte ich nochmal zusammenfassen, was dort im einzelnen passiert ist:

Vor Beginn wurden die Anwesenden von einem Kameramann des RBB gefilmt. Einzelne beschwerten sich darüber, aber vor Beginn und nach Abschluss einer öffentlichen Veranstaltung ist dies zulässig. 

Der vorsitzende Richter erläuterte, dass es sich entgegen Darstellungen im Internet nicht um eine Massenverhandlung handle, die gemeinsame Verhandlung einen Erfahrungsaustausch ermögliche, und dass zwei Kläger nicht anwesend seien. 

Die Protokollführerin listete die Klagebegründungen auf: formelle Grundlage nach Art. 105 GG; negative Informationsfreiheit nach Art 5. Abs 2. GG; informationelle Selbstbestimmung, Normenklarheit nach allg. Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1, Verstoß gegen Übermaßverbot, Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes nach Art. 3 Abs. 1 wegen Gleichbehandlung unterschiedlicher Nutzungsintensität und -möglichkeit und Haushaltsgröße; unbestellte Leistung nach § 241a) BGB; Verletzung der Menschenwürde nach Art. 1 Abs. 1 GG; Verletzung der Wohnung nach Art. 13 GG, da auch Rundfunk die Wohnung nicht gegen den Willen des Bewohners betreten darf.

Der Richter listete die rechtlichen Grundlagen auf, nach denen das Gericht zu urteilen habe: die Landesverfassungsurteile in Rheinland-Pfalz und Bayern, das PC-Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Demnach entstünde aus dem Rundfunkbeitrag keine zu hohe Belastung, niemand wird verpflichtet, das Angebot zu nutzen; der Richter gab an, selbst keinen Fernseher zu besitzen, aber den Beitrag zu bezahlen: "Ich sehe mich nicht dazu gezwungen, den Quatsch anzugucken". Es ginge um Zahlungspflicht, nicht um Nutzungszwang. Religionsfreiheit würde nicht tangiert. Die Typisierung durch den Anknüpfungspunkt der Wohnung sei zulässig, da es sich nicht um einen isolierten Vorgang handle. Es bestünde kein Unterschied zwischen dem Rundfunkbeitrag und anderen Beiträgen (was falsch ist, da andere Beiträge für Sachleistungen erbracht werden). Das Sozialstaatsprinzip wäre durch Nachweispflicht für Befreiungstatbestände gewahrt. Die Rundfunkanstalten wären nicht dafür verantwortlich, dass Leistungsansprüche abgelehnt würden. Die allgemeinen Befreiungstatbestände seien nach § 4 RBStV mit sonstigen Härtefällen abgegolten. Eine großzügigere Handhabung wäre ausreichend, um Befreiungen aufgrund von Härtefällen zu erleichtern, dies sei aber Problem der Sozialämter; Zweitwohnungen wie Datschen sollten als sonstige Härtefälle befreit werden.

Die anwesenden drei Anwälte listeten daraufhin ihre Gegenargumente auf: Der Rundfunkbetrag sei effektiv eine Steuer, weil Ziel Erfassung der Allgemeinheit sei und ein Sachbezug fehle; die Typisierung sei unzulässig wegen Übergehen von Haushaltsgröße und Leistungsfähigkeit; Stichproben bei Nutzererhebungen würden mit der Bevölkerung gleichgesetzt, dadurch beruhe die Einschätzung der Nutzungsverbreitung auf einer nicht belastbaren Grundlage; eine Differenzierung zwischen Grundbetrag und Fernsehgebühr entfiele, dadurch fände eine Gleichsetzung von Nutzvorteilinhabern mit der Allgemeinheit statt; ein Empfangsgerät müsse beschafft werden, die Leistung sei also nur eingeschränkt nutzbar. 

Am Interessantesten waren die Ausführungen von Thomas Koblenzer, der zu meiner Überraschung eine Privatperson vertrat. Er bezog seinen Vorwurf einer fehlenden Gesetzgebungskompetenz der Länder nach Art. 105 GG auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu verfassungswidrigen Rückmeldegebühren an Berliner Hochschulen (Entscheid vom 6.11.2012, BVerfG AZ 2 BvL 51/06). Über den Zweck der Einnahme hinaus müsse deutlich erkennbar sein, welche Leistungen mit der Abgabe finanziert werden, sonst läge eine Verletzung der Normenklarheit vor. Eine Vorzugslast könne nicht mittelbar begründet werden, sondern nur unmittelbar. Die Wohnung als Anknüpfungspunkt der Abgabenpflicht entzöge der Abgabe den Sachbezug und würde damit eine legale Grauzone schaffen. Das Äquivalenzprinzip sei verletzt, weil nicht erkennbar sei, wofür die Mittel ausgegeben werden. In den landesverfassungsgerichtlichen Urteilen fehle dazu jeglicher Bezug.

Ein Kläger nutzte die Freigabe von Kommentaren durch den Richter zu der Bemerkung, dass steuerliche Nachweise für Selbstständige wegen schwankenden Einkommen nicht immer zu erbringen seien, eine praktische Befreiungsmöglichkeit sei dadurch nicht gegeben, man könne nicht pauschal auf Sozialämter verweisen.

Die zwei Anwältinnen des RBB brachten darauf die Gegenargumente vor: die Definition einer Steuer sei nicht allgemeine Zahlungspflicht, sondern dass keine Gegenleistung erbracht würde; der Rundfunkbeitrag sei ein Beitrag, weil die Möglichkeit der Nutzung bestünde; der Beitrag würde für die Gesamtveranstaltung Rundfunk bezahlt; Transparenz sei durch die Prüftätigkeit der KEF gewährleistet; die Typisierung sei notwendig, weil es sich um einen Massenvorgang handle; eine Differenzierung sei durch Abschöpfen des Vorteils gegeben - hierzu gab es ein wenig Tumult, da sie sich auf S. 30 des Urteils aus Rheinland-Pfalz bezogen und von einem Kläger aufgefordert wurden, die genaue Stelle zu benennen. Der Richter wies dies mit der Begründung ab, das Urteil sei überall einsehbar. Meine Überprüfung hat ergeben, dass der Passus, auf den sich die Anwältinnen bezogen, auf S. 40 im Abschnitt 3aa) steht.
 
Zum Sonderfall der Datschen, von denen es im Sendegebiet des RBB besonders viele gäbe, sei ein Kompromiss geschaffen worden, der berücksichtige, dass Datschen wegen ihrer Größe oder fehlender Wasser- oder Elektrizitätsversorgung nicht als Wohnung zugelassen seien; es würde daher nur ein halbes Jahr berechnet. Dem Kläger ging dies nicht weit genug, da der Sommer nur ein Quartal umfasse, und Anknüpfungspunkt der Wohnung auf Datschen nicht anwendbar sei, weil diese nicht bewohnt würden.

Die abschließenden Bemerkungen der Anwälte der Klägerseite waren: ein Massenvorgang könne nicht dadurch gerechtfertigt werden, dass er verwaltungstechnisch leichter ist, dies stelle einen rechtlichen Rückschritt dar; der Zweck einer Abgabe müsse sich aus ihrer Ausgestaltung selbst ergeben, sonst drohe Gefahr der Schaffung von Schattenhaushalten. 

Der Richter informierte die Kläger darüber, dass ein Antrag auf Revision nicht allein ausreiche, sondern ein weitergehender Antrag auf Sachbehalt sinnvoll sei. Ein Anfechtungsantrag sei wegen niedrigerem Streiwert sinnvoller als ein Feststellungsantrag - ein Kläger hielt trotzdem an einem solchen fest.

Das Gericht zog sich daraufhin für zwei Stunden zur Beratung zurück.

Die Urteilsverkündung: die 1,1fache Summe wurde zur Begleichung der Forderung, der Streitwert bei fast allen Verfahren auf bis €300 festgesetzt - das ist das Minimum. Beim zusätzlichen Feststellungsantrag betrug der Streitwert (wenn ich richtig gehört habe) €691, daraus folgt, dass ein solcher in der Tat nicht sinnvoll ist, denn dessen Kosten werden zum Streiwert des Anfechtungsantrags hinzugerechnet.

Die Begründung des Urteils folgte den bisherigen Entscheiden: der Rundfunkbeitrag sei eine Vorzugslast, die Entscheide des Bundesverfassungsgerichts reichten aus; es seien keine grundsätzlich neu zu wertenden Umstände durch den RBStV entstanden; die Klägerseite hätte keinen Vortrag darüber gehalten, dass die Beitragsumstellung vor 3 Verfassungsurteilen zu Rundfunkgebühren erging (womit Verfahren zur PC-Gebühr gemeint sind); Ursachen für Verstimmungen über den Rundfunkbeitrag seien zu restriktive Auflagen für den Beleg von Härtefällen; die Rechtsmittelzulässigkeit (also die Berufung) wird bestritten; das einzig Neue am Rundfunkbeitrag sei die Frage, ob er eine Steuer sei, auf alle anderen Fragen hätte das Bundesverfassungsgericht bereits Antwort gegeben; alle anderen Vorbehalte seien nicht relevant.

Die wichtigsten Folgen für Kläger und Klagewillige daraus sind:

1) Die Chancen eines Erfolgs in der ersten Instanz sind null. Wer sich auf eine Klage einlässt, muss sich auf den Weg durch mehrere Instanzen einstellen. Dies war übrigens auch bei dem erwähnten Urteil so, durch das die Rückmeldegebühren an Berliner Hochschulen gekippt wurden, und ebenso bei der letztendlich erfolgreichen Klage gegen die Kürzung der Kilometerpauschale.

2) Da Rechtsmittel in der ersten Instanz nicht automatisch gewährt werden, muss zur Revision Zulassungsbeschwerde durch einen Anwalt bei der nächsthöheren Instanz gestellt werden. Diese dürfte gewährt werden, denn ansonsten besteht die Möglichkeit der direkten Verfassungsbeschwerde, da der Rechtsweg ausgeschöpt ist. Würde diese vom Bundesverfassungsgericht zurückgewiesen, stünde der Weg zu der Instanz offen, in der meiner Einschätzung nach endgültig über den Rundfunkbeitrag entschieden werden wird: dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg.
 
Bei einer Anfechtungsklage ist mit einem geringeren Streitwert zu rechnen als bei Feststellungsklagen; hier lagen die Kosten bisher bei ca. €651-691. Das ergibt in der ersten Instanz ohne eigenen Anwalt Kosten von €262,68, mit eigenem Anwalt €420,36 zuzüglich Reisekosten. Gesetzt den Fall, man verfolgt den Rechtsweg über drei Instanzen, kämen dabei insgesamt €1537,42 zusammen. Daraus folgt für mich, dass ich meine bisherige Strategie beibehalte: erste Instanz ohne Anwalt, aber mit Beratung zum Verhandlungsergebnis.

Zu guter Letzt: die heutige Landtagswahl in Sachsen sowie die darauf folgenden würden einen Blick auf die parteipolitischen Positionen sinnvoll erscheinen lassen - wären diese nicht insgesamt so ernüchternd. Man kann eine Rangfolge der Schlechtigkeit ausmachen, nach der durch den Rundfunkbeitrag Vergrätzte ihre Wahlentscheidung treffen könnten, aber da dies am Ergebnis nichts ändern wird und ich mir den Vorwurf der Parteilichkeit ersparen will, kommentiere ich dies absichtlich erst am Wahltag:

- SPD: der Rundfunkbeitrag geht auf eine Initiative Kurt Becks zurück; die SPD profitiert in der Postenverteilung disproportional vom öfffentlich-rechtlichen Rundfunkwesen, da es nach wie vor gültige Absprachen darüber gibt, wer welches Parteibuch in welchem Amt bei bestimmten Rundfunkanstalten hat; die Idee in NRW, Rundfunkbeiträge sachfremd zur Förderung von lokalem Printjournalismus einzusetzen, stammt vom SPD-Politiker Marc Jan Eumann, ergo: wer den Rundfunkbeitrag ablehnt, sollte die SPD nicht wählen. Es wäre wohl eine gelinde Untertreibung, zu sagen, dass diese Partei ihre besten Zeiten hinter sich hat - mir erscheint sie so sozial und nötig wie ein Loch im Kopf.

- CDU: profitiert natürlich im selben Maße von der Kungelwirtschaft der öffentlich-rechtlichen Anstalten; der ehemalige Regierungssprecher Angela Merkels ist Intendant des BR; aber es gibt auch Zeichen von Dissenz, etwa in (vergangenen) Äußerungen vom Chef der Sächsischen Staatskanzlei Johannes Beermann, der nun allerdings im ZDF-Fernsehrat sitzt. Auf die Frage, wie der Wähler diese Tendenzen fördern könnte, habe ich allerdings keine Antwort, durch ein Kreuz auf dem Zettel wohl kaum; es scheint aber gerade in so konservativ dominierten Ländern wie Sachsen sinnvoll, CDU-Abgeordnete direkt auf das Thema anzusprechen.

- FDP: hatte in der Vergangenheit ein besseres Konzept zur Rundfunkfinanzierung, das einkommensbasiert gewesen wäre, redet davon aber nicht mehr; Parteichef Christian Lindner wurde in den ZDF-Fernsehrat gewählt, nachdem das Bundesverfassungsgericht auf Reduzierung politischer Vertreter entschieden hatte, also braucht man hier keinen Veränderungswillen zu erwarten. Die FDP wird ohnehin kaum überleben können.

- Grüne: Die medienpolitische Sprecherin der Grünen in Rheinland-Pfalz begrüßte das dortige Urteil des Landesverfassungsgerichts ohne zu erwähnen, dass sie freie Mitarbeiterin des ZDF ist; der sächsische medienpolitische Sprecher der Grünen Karl-Heinz Gerstenberg hat in einem Termin mit einer gegen den Rundfunkbeitrag aktiven Bürgergruppe die bekannte Position von 'einigen Unzufriedenen' wiederholt, denen man es nicht recht machen könne. Hier ist nichts zu erwarten, und die Grünen gehen insgesamt den selben Weg wie die SPD in die kungelige, mauschelnde Belanglosigkeit - bei gleichzeitigem Obrigkeitsanspruch.

- Piraten: haben sich durch persönlichen Egoismus und den Sprung von der Noch-Nicht-Ganz-Splitterpartei zur Möchtegern-Volkspartei selbst demontiert. Schade drum, aber dem Traum folgt das Erwachen. Man kann sich nach wie vor bei den Piraten engagieren, und wem das Thema wichtig genug ist, kann versuchen die durchaus existente, aber eingeschlafene Arbeitsgruppe zum Thema wiederzubeleben.

- AfD: versucht in Sachsen mit einer Positionierung gegen den Rundfunkbeitrag Stimmen zu sammeln, beruft sich dabei aber auf den Tatbestand der unbestellten Leistung nach § 241a) BGB. Von allen möglichen Klagegründen ist dies der schwächste, weil das BGB nicht das Grundgesetz ist - nur eine Verfassungswidrigkeit hebt den RBStV auf. Der Rundfunkbeitrag ist ein Verwaltungsakt, kein Dienstleistungsverhältnis durch Vertrag, es ist also sinnlos, sich auf ein Vertragsverhältnis, das nicht eingegangen worden ist, zu berufen. Also agiert die AfD entweder rein populistisch oder hat keine Ahnung, wovon sie redet - ich vermute eine Kombinatuion von beidem (Nachtrag: in Sachsen hat so etwas natürlich riesigen Erfolg).

- Die Linke: in punkto Rundfunkbeitrag ist nur bei dieser Partei ein alternatives Konzept (nach Vorbild der Kirchensteuer) und ein Wille zur Nachbesserung der sozialen Ungleichbehandlung durch den Rundfunkbeitrag erkennbar. Das liegt natürlich in erster Linie daran, dass sie fast überall in der Opposition ist, und dort wo sie an der Regierung war, hat sich bisher stets derselbe Kungel eingestellt wie sonst auch: ein Freund von mir hat in Berlin einen langen Rechtsstreit geführt, weil die Lehrstelle, auf die er hätte berufen werden sollen, an die (Ex)Lebensgefährtin des damaligen Kultursenators Thomas Flierl ging. Rechtlich ließ sich natürlich keine Korruption nachweisen. Ich erwähne dies nur, um klarzumachen, dass ich nicht unbedingt ein Fan der Linken bin, aber von woanders ist meiner Meinung keine Bewegung in dieser Frage zu erwarten - obwohl ein Regierungsbündnis mit Beteiligung der Linken nur mit der (würg) SPD gebildet werden könnte.

Auch dieser finstere parteipolitische Ausblick trägt zu meiner Bereitschaft bei, ins Exil zu gehen. Wer dies nicht beizeiten tut, wacht eines Tages womöglich in einer Diktatur auf, nur eben keiner mehr, in der es einen Führer und eine Partei gibt, sondern einer, in der es eine privilegierte Klasse von Staatsdienern gibt, und eine Klasse des diese mit immer mehr Abgaben und Steuern finanzierenden gemeinen, eingeschüchterten Volkes. Der Rundfunkbeitrag ist eine obrigkeitsstaatliche Maßnahme aus hegelianischem Rechtsverständnis heraus: Freiheit besteht darin, dass es Gesetze gibt, denen der Bürger gehorchen darf. Die Geschichte hat gezeigt, dass diese staatliche Haltung stets katastrophale Folgen hat. Die will ich nicht miterleben müssen, werde aber weiterhin durch diesen Blog - und wo es sonst geht - solidarisch sein.

Sobald meine Klage entschieden ist, werde ich für die Revision auf Crowd-Funding zurückgreifen - hierauf werde ich im nächsten Posting genauer eingehen.

6 Kommentare:

  1. Das war vorbereiten, danach bitte zum Kasse! http://www.ard.de/home/intern/programm/technik-und-empfang/Onlineangebote/343560/index.html

    AntwortenLöschen
  2. Dem Antrag auf Aussetzung der Vollstreckung wird leider nicht überall stattgegeben.
    Ich habe das gleichzeitig mit dem Widerspruch getan und erhielt für die Ablehnung im neg. Bescheid folgende Begründung:
    „Sie bitten um Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Bescheids.
    Nach § 80 Abs. 4 Satz 3 VwgO soll die Aussetzung bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ein ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids besteht aus vorgenannten Gründen nicht. Eine Vollziehung des Bescheids stellt auch keine unbillige Härte dar, da Ihnen durch die Vollziehung kein über die bloße Zahlung des Betrags hinausgehender Nachteil entsteht. Da die Voraussetzungen für eine Aussetzung nach § 80 Abs. 4 Satz 3 VwgO nicht vorliegen, ist eine Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Bescheids nicht möglich.“

    Der neg. Widerspruchsbescheids mit dieser Ablehnung kam prompt nach den Urteilen von Koblenz und München. 9 Monate nach meinem Widerspruch. Vor diesen Urteilen hätte der Antrag m.E. nicht so einfach abgelehnt werden können. Erst im Nachhinein hab ich gelesen, dass ich evtl. einen früheren Bescheid hätte einfordern können.
    Vielleicht ist es auch einfach so, dass es in den Ländern unterschiedlich gehandhabt wird.


    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Dieses Schreiben kommt erst, wenn tatsächlich Klage eingereicht worden ist, nicht auf Antrag auf Aussetzung mit Widerspruch. Solange nicht Klage eingereicht wird, behandelt der Beitragsservice den Widerspruch wie eine gewöhnliche säumige Zahlung. Erst wenn man tatsächlich klagt - interessanterweise in meinem Fall nach Zahlung der Prozesskostengebühr - wird dem Antrag auf Aussetzung stattgegeben, weil man in diesem Fall - und nur in diesem Fall - mit einem Antrag auf Eilrechtsschutz beim Verwaltungsgericht Erfolg haben kann. Deshalb muss man unbedingt jedem Widerspruch einen Antrag auf Aussetzung hinzufügen - wenn man denn tatsächlich klagen will.

      Löschen
  3. Hallo, kann man auch noch klagen, wenn man schon bezahlt hat? Danke!

    AntwortenLöschen
  4. Eine Anfechtungsklage kann man immer führen, wenn man das in den vorigen Postings beschriebene Verfahren durchlaufen hat: 1) Zahlung einstellen bzw. Klageabsicht ankündigen, 2. Beitragsbescheid abwarten (der sich von Zahlungsaufforderungen durch Rechtsmittelbelehrung unterscheidet), 3) Widerspruch einlegen, 4) nach Erhalt eines negativen Widerspruchsbescheids beim in diesem genannten Verwaltungsgericht Klage einreichen. Klagegründe sind in den vorigen Beiträgen beschrieben.

    AntwortenLöschen
  5. Entwicklung beim Beitragsservice:

    http://fernsehkritik.tv/blog/2014/10/widerstand-nicht-zwecklos/


    Scheinbar wurde im Widerspruchsverfahren ein wunder Punkt angesprochen. Die Rechtsabteilung gestattete die Befreiung im Widerspruchsverfahren - allemal interessant!

    AntwortenLöschen