Sonntag, 14. Februar 2016

Warten aufs Bundesverwaltungsgericht

Ein Lebenszeichen um zu verdeutlichen, dass dieser Blog nicht etwa tot ist. Es ist nur nichts über die letzten Beiträge hinausgehendes passiert.

Am 16. und 17. März werden in Leipzig die Verhandlungen zum Rundfunkbeitrag stattfinden, von deren Ergebnis auch der Verlauf meiner eigenen Klage abhängen wird. Mit einer Urteilsbegründung wäre dann frühestens Mitte April zu rechnen. Entweder es finde sich daraufhin mehrere Kläger, die bei Ablehnung weiter vors Bundesverfassungsgericht ziehen. Dies wäre mit der Notwendigkeit des Einholens von Rechtsgutachten verbunden. Je nachdem, ob diese Kosten geteilt werden können, werde ich weitermachen. Es gibt allerdings die Möglichkeit, dass das Bundesverwaltungsgericht die Klärung direkt ans Bundesverfassungsgericht weiterreicht, was bei Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung möglich ist. Da Christoph Degenhart, einer der bedeutendsten Kritiker des Rundfunkbeitrags, ebenfalls in Leipzig am Sächsischen Verfassungsgericht tätig ist, hege ich die leise Hoffnung, dass es so kommen wird.

Inzwischen sind zu den ohnehin nicht wenigen Bedenken bezüglich des Rundfunkbeitrags auch noch ein paar mehr hinzugekommen. Da wäre einmal die von der Webseite "Postillon" wunderbar veralberte Dreistigkeit, einen aus Rundfunkbeiträgen produzierten Til-Schweiger-Tatort ins Kino zu bringen und den Beitragszahler somit mehrfach abzukassieren. Weitaus wichtiger: Durch den voraussichtlich Anfang März erscheinenden 20. Prüfungsbericht der KEF steht nunmehr fest, was ich in früheren Beiträgen schon vermutet hatte: ein Viertel des Finanzbedarfs des öffentlich-rechtlichen Rundfunks geht für Pensionsbezüge zusätzlich zur gesetzlichen Rente drauf, Tendenz steigend. Also nicht etwa für Gehälter, sondern rein für Altersrückstellungen. Seit dem letzten Bericht ist die Quote nochmals angestiegen. Dass es schon durchgesickert und bereits in FAZ und Süddeutscher Zeitung behandelt worden ist, ist ein deutliches Indiz für ein gehöriges Rumoren hinter den Kulissen. Sobald der Bericht erschienen ist, werde ich ihn in einem gesonderten Beitrag behandeln. Interessant sind dabei vor allem die Perspektiven: in einem dauerhaften Nullzinsumfeld dank EZB müssten die Beiträge nämlich langfristig allein deshalb steigen, weil Altersrückstellungen nicht mehr gewinnbringend angelegt werden können. Das wäre noch mehr Wasser auf den Mühlen der Beitragsgegner.

Die politischen Querelen um den Rundfunk kann ich aus der Distanz vielleicht nicht so klar beurteilen. Sie scheinen aber immer unerträglicher zu werden. Wenn die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz Malu Dreyer sich zu fein dazu ist, an einer Wahlkampfdebatte mit der verhassten, aber in Umfragen nunmal bei 12% liegenden AfD teilzunehmen, ist das erschreckend. Es zeugt von Demokratieverständnis à la "Was öffentliche Meinung ist, bestimmen wir". Dieselbe Malu Dreyer hatte sich bei Abweisung der Verfassungsklage gegen den Rundfunkbeitrag in Rheinland-Pfalz hocherfreut darüber gezeigt, dass dessen Rechtmäßigkeit nunmehr eindeutig belegt sei. Man gönnt ihr daher die vorauszusehende Niederlage gegen Julia Klöckner von Herzen. Diese hatte bekanntermaßen die geniale Idee, der geplanten Veranstaltung ebenfalls fernzubleiben, mit der zutreffenden Aussage, man müsse die AfD schon argumentativ und in der Öffentlichkeit entwerten, sonst mache man diese Protestpartei nur stärker.

Was die AfD nun so stark macht, scheint aus der Distanz wiederum klarer erkennbar zu sein als in Deutschland selber: ein seit den Ereignissen der Neujahrsnacht in Köln erkennbarer, typisch deutscher Hang zur Selbstzerfleischung. Eine Seite machte sofort Migranten für die Übergriffe verantwortlich, die andere warf dieser Seite sofort Fremdenhass als Motiv vor. Das eine war genauso unvernünftig wie das andere. Wenn man schon einmal außerhalb von Mitteleuropa gewesen ist, oder auch nur Bekannte in Großbritannien oder Frankreich hat, dann kennt man das Phänomen des "Antanzens" bereits, wenn auch nicht in so überwältigend hoher Zahl von Angreifern. Man möchte meinen, dass sich irgendein Journalist den Bildern aus Kairo im Jahre 2011 hätte entsinnen können, als erstmals auf dem Tahrir-Platz Frauen - züchtig in Abajas gekleidet - von einer wildgewordenen Männermenge vor Kameras entblößt und genötigt wurden. Anhand dessen hätte man schnell dem Vorwurf begegnen können, es handle sich bei den Tätern um Syrer und nicht um Nordafrikaner. Ich selbst habe versucht, diesem falschen Eindruck auf Kommentarseiten entgegenzuwirken. 

Andererseits bezeichnet das andere Lager solche Unmutsäußerungen kollektiv als rassistisch und befleißigt sich dabei nicht weniger rabiaten Anfeindungen, weil es sich im Besitz der einzigen Wahrheit wähnt. Die schon seit jeher äußerst unsympathische Oberlehrerhaftigkeit der deutschen Linken ist hierbei mit einer seit Jahrzehnten nicht mehr so heftigen Klarheit zum Vorschein gekommen, bis hin zur verbalen Aufforderung zum politischen Mord an AfD-Anhängern auf der jüngsten Demonstration anlässlich der Sicherheitskonferenz in München. Hieran zeigt sich, dass die politische Linke, wie ihr zum Beispiel von Henryk M. Broder oft vorgeworfen worden ist, nie wirklich der politischen Gewalt der RAF abgeschworen hat, die in manchen Kreisen nach wie vor heroisiert wird. Es ist mir ein ziemliches Rätsel, wieso weder in den bürgerlichen Medien noch im öffentlich-rechtlichen Rundfunk gegen Gewaltandrohung von welcher Seite auch immer protestiert wird. Stattdessen regt man sich über die AfD auf, deren Strategie der Provokation somit voll aufgeht. Man nimmt ausschließlich rechte Gewalt gegen Flüchtlingsheime, unter Generalverdacht gestellte Russlanddeutsche und intolerante integrierte Migranten war. Während es wichtig ist, auf all dies hinzuweisen - ohne zugleich die Gewaltbereitschaft linker Gruppen zu kritisieren, macht man alles nur noch schlimmer. Denn die verunsicherte Mitte geht dadurch den Einflüsterungen der AfD über die "Lügenpresse" leichter auf den Leim und wird diese zu einem dauerhaften Bestandteil des politischen Lebens wählen. 

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk trägt dazu allerdings ganz und gar nicht bei, sondern wirkt eher hilflos und fast schon bemitleidenswert - auf eine Phase realitätsfremder Euphorie folgt nun eine der realitätsfremden Ängste. Da dieses Phänomen aus der Gesellschaft selbst kommt und die Verantwortung dafür in einer epochalen politischen Fehlentscheidung zu suchen ist, können Medien das gegenseitige Beharken wohl nur wiedergeben und nichts zur Suche nach tragfähigen Lösungen beitragen. Wie soll man zum Beispiel kommentieren, dass der französische Premierminister Manuel Valls gerade erst wieder gesagt hat, Frankreich werde maximal 30000 Flüchtlinge aufnehmen, und die europäische  Grenzbehörde Frontex, es sei in diesem Jahr mindestens mit einer weiteren Million Flüchtlingen zu rechnen? Wenn das Versagen der deutschen Staatschefin so eindeutig ist, braucht man dazu wirklich nichts mehr zu sagen.